On-Board Monitoring für EU7 – Evolution vs. Revolution
- Expert Article
Christian Martin
Senior Product Manager
Michael Weissbäck
Business Field Leader
Der evolutionäre OBM-Ansatz baut auf bestehenden Technologien und Methoden auf und nutzt etablierte Systeme, um die sich weiterentwickelnden Anforderungen der EU7-Vorschriften zu erfüllen. Der Schwerpunkt dieses Ansatzes liegt auf der Optimierung aktueller OBD-Systeme (On-Board-Diagnosesysteme) und der Verbesserung ihrer Fähigkeiten zur Überwachung der Emissionswerte und zur Erkennung potenzieller Probleme. Durch die Wiederverwendung bestehender ECU-Funktionen (Engine Control Unit), Sensoren und empirischer Modelle zielt der evolutionäre Ansatz darauf ab, den Übergang zu EU7-konformen OBM-Systemen zu vereinfachen.
Eine der primären Strategien des evolutionären Ansatzes ist die Verfeinerung bestehender Sensortechnologien (z.B. NOx-Sensor in Dieselfahrzeugen), um deren Genauigkeit und Zuverlässigkeit bei der Emissionserkennung zu verbessern. Eine genaue Modellierung der Emissionen ist wichtig, wenn keine Sensordaten verfügbar sind. Bezüglich der Rohemissionsmodellierung kann zwar eine ähnliche Genauigkeit bei beiden Motorarten (Otto- und Dieselmotoren) erzielt werden, jedoch mangelt es speziell beim Ottomotor an im Steuergerät hinterlegten Modellen für die Endrohremissionen. Eine genaue Modellierung der Nachbehandlungssysteme von Ottomotoren ist von entscheidender Bedeutung, um eine falsche Einstufung z.B. als Fahrzeug mit hohem Schadstoffausstoß zu vermeiden.
Darüber hinaus konzentriert sich der evolutionäre Ansatz auf die Optimierung von Software-Algorithmen für die Emissionsüberwachung und -diagnose. Dazu gehört die Entwicklung anspruchsvoller Diagnoseroutinen, mit denen Abweichungen von den erwarteten Emissionswerten erkannt und potenzielle Quellen für Fehlfunktionen oder Beeinträchtigungen identifiziert werden können. Für die On-Board-Überwachung (OBM) werden kontinuierliche Signalströme benötigt, insbesondere für Kaltstartbedingungen und den Betrieb in großer Höhe. Ein evolutionärer Ansatz kann als Strategie zur Bewältigung dieser Herausforderungen dienen, wenngleich auch ein revolutionärer Ansatz erforderlich sein kann, um emissionsbeeinflussende partielle Degradationen genau zu bewerten.
Ein weiterer wichtiger Aspekt des evolutionären Ansatzes ist die Integration von Fernüberwachungs- und Diagnosefunktionen in OBM-Systemen. Derzeit untersucht die AVL unter anderem einen auf dem Kalman-Filter basierenden Ansatz, um Emissionsdaten von virtuellen und realen Sensoren zu kombinieren – ein Ansatz mit vielversprechenden Ergebnissen. Der Kalman-Filter-Algorithmus berechnet einen Gewichtungsanteil basierend auf der Qualität und Zuverlässigkeit der virtuellen und realen Sensorsignale und wird kontinuierlich adaptiert, sobald neue Daten verfügbar sind. Dadurch wird ein ausgewogenes Vertrauen in beide Sensoreingänge gewährleistet, was zu verbesserten und genaueren Emissionsergebnissen führt. Die Bewertung der Qualität der Emissionsdaten wird innerhalb eines vordefinierten Konfidenzintervalls durch eine vom Kalman-Filter erzeugte zusammengefasste Schätzung der Emissionssicherheit, erleichtert. Insgesamt ermöglicht dieser Ansatz die Generierung zeitaufgelöster und entfernungsspezifischer Emissionen und erfüllt damit die Anforderungen an die Bereitstellung von OBM-Daten.
Im Gegensatz dazu zielt der revolutionäre Ansatz darauf ab, die Grenzen herkömmlicher OBD-Systeme zu erweitern, indem virtuelle Emissionssensoren und KI-Methoden (Künstliche Intelligenz) integriert werden. Durch den Einsatz fortschrittlicher Virtualisierungs- und Softwareentwicklungstechniken sollen Emissionswerte in Echtzeit erkannt und potenzielle Probleme mit höherer Genauigkeit und Effizienz identifiziert werden.
Eine der wichtigsten Innovationen des revolutionären Ansatzes ist die Entwicklung virtueller Emissionssensoren, die Fahrzeugemissionen mit Hilfe von Simulationsmodellen berechnen können. Diese virtuellen Sensoren nutzen fortschrittliche physikalische oder datengesteuerte Modelle zur Bestimmung der Emissionswerte auf der Grundlage von Eingangsparametern wie Motorbetriebsbedingungen, Kraftstoffzusammensetzung und Umgebungsfaktoren. Zusätzlich zu den vorhandenen Sensoren bieten virtuelle Emissionssensoren eine kostengünstige und skalierbare Lösung für die OBM-Implementierung.
Darüber hinaus setzt der revolutionäre Ansatz auf den Einsatz von KI und maschinellen Lernalgorithmen für die Emissionsüberwachung und -diagnose. Durch die Analyse großer Mengen von Sensordaten in Echtzeit können KI-basierte OBM-Systeme Muster und Anomalien erkennen, die auf Emissionsverstöße oder Systemfehlfunktionen hinweisen. Sie ermöglicht auch die proaktive Identifizierung potenzieller Probleme, bevor sie eskalieren, und verbessert so die Zuverlässigkeit und Effektivität von OBM-Systemen bei der Einhaltung der EU7-Gesetzgebung. Mit den vorhandenen Modellen, die auch Alterungseffekte und Produktionsstreuungen widerspiegeln, ist das System auch robuster gegen Manipulationsversuche.