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wendungen. Damit kann man das Alltagsleben der Leute verbessern, indem
man beispielsweise Busse on-Deman in ländlichen Gegenden bereitstellt.
Wir bedienen all diese Zielgruppen mit einer einzigen Plattform, die Backend
Support für den Host beinhaltet. Die Daten sind aber der große Vorteil,
denn mit denen kann die Plattform einen echten Nutzen für die Menschen
und die Gesellschaft bieten. Wenn mehr Unternehmen und Menschen
sie annehmen und nutzen, werden mehr Daten erzeugt. Wir können dann
diese Daten nutzen, um Mobilitätslösungen zu optimieren und Mobilität
bereitzustellen, wo sie am meisten gebraucht wird, und zwar auf die effizienteste
und nützlichste Weise. Das ist nicht nur eine gute Nachricht für
den Endverbraucher, sondern hilft uns auch, die Nachhaltigkeit zu verbessern,
Emissionen zu reduzieren und Geld für den Serviceanbieter zu sparen.
Wenn man sieht, wie die Menschen Mobilität nutzen – sei es in einer Stadt
oder in einem Autowerk, zu verschiedenen Tages- und Wochenzeiten oder
bei unterschiedlichem Wetter, kann man Mobilitätsströme vorhersagen und
optimieren. Das ist sehr leistungsstark. Aber dazu braucht man das ganze
Ökosystem – die Fahrzeuge, die Konnektivität, die Nutzer, die Industriepartner.
Erst dann kann man die Mobilität für alle verbessern.
focus: Glauben Sie, dass sich mit der beschleunigten Digitalisierung der
Fokus der Industrie weg von der Hardware hin zur Software verlagern
wird? Statt ein neues Auto zu kaufen, werden Nutzer einfach ihr Betriebssystem
aktualisieren?
Buenosvinos: Die Entwicklung von Hardware wird sich nicht verlangsamen,
aber die Iteration von Software wird sich sicherlich beschleunigen. Die
erfolgreichsten Unternehmen werden diejenigen sein, die Hardware- mit
Software-Dienstleistungen kombinieren, sodass neue Funktionen für dasselbe
Fahrzeug hinzugefügt werden können. In diesem Sinne könnten wir
völlig unterschiedliche Nutzererfahrungen auf ein und demselben Gerät sehen
– vielleicht mit einem Upgrade, oder vielleicht basierend auf der Nutzung
des Fahrzeugs. Das Erlebnis und die Leistung könnten sich ändern,
je nachdem, ob es sich beispielsweise um einen Arbeitstag oder ein Wochenende
handelt, wenn die Bedürfnisse des Nutzers unterschiedlich sind.
Dabei geht es nicht nur um das Fahrzeug, sondern um das gesamte Ökosystem
– das Fahrzeug, unsere Telefone, online, offline. Hier werden wir
anfangen, Innovationen und Differenzierungen zwischen den Herstellern
und ihren Angeboten zu sehen.
focus: Die Zukunft der Mobilität sieht ganz anders aus als die Vergangenheit
und erfordert die Umsetzung großer Veränderungen in der
gesamten Branche. Wie wichtig ist ein flexibler, offener Ansatz für den
zukünftigen Erfolg der Automobilindustrie?
Er ist fundamental. Für uns ist Agilität ein Wettbewerbsvorteil. Es ist eher
eine Einstellung als eine Methodik. Wenn man heute nicht agil ist, ist man
raus aus dem Spiel. Sowohl die Hardware als auch die Software müssen flexibel
sein. Unsere Fähigkeit in diesem Bereich wurde deutlich, als SEAT einen
Teil seiner Produktionskapazitäten umfunktionierte, um Beatmungsgeräte
und Masken zu produzieren, um bei der COVID-Krise zu helfen.
Teams und Abteilungen bei SEAT – sogar externe Zulieferer – waren alle
beteiligt. Bei SEAT:CODE haben wir bei der Logistik geholfen. Alle kamen
zusammen, um sich anzupassen und um ein Problem zu lösen. Es war
sehr emotional, das alles mitzuerleben und ein Teil davon zu sein. Es unter-
„DIE ENTWICKLUNG VON HARDWARE
WIRD SICH NICHT VERLANGSAMEN,
ABER DIE ITERATION VON SOFTWARE
WIRD SICH SICHERLICH
BESCHLEUNIGEN.“
CARLOS BUENOSVINOS
streicht auch einen großen kulturellen
Wandel, den wir gerade erleben.
Manchmal arbeitet man so lange
an einem Problem, dass man den
Wald vor lauter Bäumen nicht mehr
sieht, weil der Blickwinkel so eng
geworden ist. Das ist sicherlich eine
Herausforderung für viele traditionelle
OEMs. Mit SEAT:CODE
versuchen wir, das zu ändern. Wir
sind von 20 Leuten vor zwei Jahren
auf heute etwa 150 Leute angewachsen
– neue Leute mit frischen
Denkweisen, die aus verschiedenen
Sektoren und Bereichen kommen.
Sie können die Dinge sehen, die wir
nicht mehr sehen können. Sie können
die Fragen stellen, die uns fehlen,
und uns dabei helfen, den ganzen
Wald zu sehen.
Dieser Ansatz hat uns geholfen,
von der Perspektive „Welches Produkt
bauen wir“ zu „Welches Problem
lösen wir“ zu kommen und
hat uns ein „Warum“ gegeben. Bei
SEAT sind wir sehr gut darin, Autos
zu bauen und zu verkaufen, weil
wir das seit 70 Jahren machen. Weil
wir das jetzt aus einer Problemlösungsperspektive
heraus verstehen,
hat das viele „Aha“-Momente geschaffen
und viele Diskussionen
darüber ausgelöst, wie wir unseren
Kunden, der Industrie und der
Gesellschaft besser dienen können.
focus: Diese Aufmerksamkeit für
Problemlösungen, den Dienst an
der Gesellschaft und die Schaffung
eines humanzentrierten Ansatzes
orientiert sich sehr stark am Menschen.
Wie wichtig ist das für Sie?
Buenosvinos: SEAT:CODE setzt sich
aus Menschen zusammen. Die Arbeit,
die wir tun, ist ein Teamsport.
Wir sind eine Gruppe von
Menschen mit neugierigen Köpfen,
die eng mit Expertinnen und
Experten aus anderen Geschäftsbereichen
zusammenarbeiten, um die
bestmöglichen Lösungen in der uns
zur Verfügung stehenden Zeit und
mit dem uns zur Verfügung stehenden
Budget zu finden.
Der einzige Weg, um die besten Ergebnisse
zu erzielen, die wir anstreben,
sind motivierte Menschen mit
unterschiedlichen Hintergründen,
die körperlich und geistig fit sind
und sich für die Arbeit engagieren,
die sie tun. Bei SEAT:CODE denken
wir, dass es wichtig ist, dies zu
unterstützen, besonders wenn man
bedenkt, womit die Welt heute
konfrontiert ist. Wir wollen, dass
sich die Arbeit hier wie in einer Familie
anfühlt, in der Menschen ihr
Bestes leisten und neue Arbeitsweisen,
neue Möglichkeiten und neue
Geschäftsmodelle schaffen können.